Konzert: GURU GURU 20. NOVEMBER 2021 CADILLAC OLDENBURG Deutschland

Meine erste Erfahrung mit dem Phänomen Krautrock war in 1986 mit der Band Guru Guru. Krautrock ist ein Sammelbegriff für deutsche psychedelische Rockmusik, worin Elektronik eine große Rolle spielt. Der Höhepunkt des Krautrock verläuft vom Ende der sechziger Jahre bis zum Beginn der siebziger Jahre. Das Genre ist eng verwandt mit Jazzrock und Progrock. Obwohl Guru Guru oft zum Krautrock gezählt wird, scheint der Bandleader Mani Neumeier damit nicht so glücklich zu sein. Wird wohl etwas mit Schubladen zu tun haben, vermutet der Schreiberling dieses Artikels…

Guru Guru wurde in 1968 durch den Drummer Mani Neumeier und den Bassisten Uli Trepte gegründet, beide bekannte Namen aus der deutschen Free Jazz Szene. Vorbilder für die Band sind unter anderem Pink Floyd, Frank Zappa, The Who und Jimi Hendrix. Regelmäßig spielten Gastmusiker von anderen Krautrockbands sowie Can, Amon Düül und Xhol Caravan mit. In der Anfangsperiode war die Band politisch aktiv. Die Texte sind leicht links orientiert und Guru Guru tritt auf bei Konzerten des sozialistischen Studentenverbands. Mit ihren anarchistischen Shows tritt die Band auch in Gefängnissen auf. Die Band wechselt oft in ihrer Besetzung und dadurch auch den Sound. Die zentrale Figur ist Mani Neumeier.


Mani Neumeier ist ein Drummer mit einem gänzlich eigenen Stil. Neben Guru Guru hat er eine große Anzahl von Solo Acts und in anderen Bands mitgespielt sowie Lover 303, Tiere der Nacht und The Psychedelic Monsterjam. Er ist einer der Organisatoren des bekannten Finkenbach Festival in der Region, in welcher er lebt: dem Odenwald in der Nähe von Heidelberg. Genauso wie sein Vorbild Frank Zappa sieht Neumeier sich selbst mehr als einen Orchesterleiter als einen Musikanten.

Netter Empfang

Guru Guru tourt immer noch trotz des hohen Alters des Bandleaders Mani Neumeier. Am 20. November stand die Band im norddeutschen Oldenburg auf der Bühne. Die Location ist das Cadillac Zentrum Für Jugendkultur. Der Empfang ist herzlich jedoch ordnungsgemäß. Als sich ein paar Menschen vor der Tür tummeln, wollen wir zur Abendkasse in der Eingangshalle durchgehen. Wir hören ein lautes “Halt!”. Meine erste Reaktion ist “nicht schießen”. Es scheint die Eventmanagerin der Location zu sein, sie kontrolliert höchstpersönlich, präzise und manuell alle QR-Codes und den Ausweis. Nach Überwindung dieser Hürde, können wir Corona kurz vergessen und den einladenden Saal betreten. Es spielt eine belgische Band im Vorprogramm, aber diese erreicht uns leider nicht wirklich. In der bar ist ein Verkaufsstand mit Guru Guru Merchandise aufgestellt. Ich sehe das Debütalbum von Guru Guru, Ufo aus 1970, zu spät… das letzte Exemplar wird vor meiner Nase verkauft. Was mir auch gefällt, ist ein Plakat des Konzerts. Ich frage bei der Abendkasse nach, wo die niederländischsprachige Manuela steht, ob ich ein Plakat haben darf. Sie verweist mich auf die Frau, die “Halt!” rief: Sam; DJ und Eventmanagerin der Location. Sam findet das in Ordnung und macht den Vorschlag, das Souvenir nach dem Konzert signieren zu lassen. Als ich mit meinem Taschenmesser das hierneben abgebildete Plakat von der Tür lösen möchte, bekomme ich sogar Hilfe eines Mitarbeiters. Was für eine gesellige und gut organisierte Location! Nachdem ich das Plakat bei Manuela in Verwahrung gegeben habe, ist das Vorprogramm vorbei und wird das Podium für Guru Guru vorbereitet.

 

Konzert

Besetzung:

  • Mani Neumeier – Schlagzeug/Percussion/Gesang
  • Roland Schaeffer – Saxofon/Gitarre/Gesang/Nadaswaram
  • Peter Kühmstedt – Bassgitarre/Gesang
  • Zeus B. Held – Keyboard, Effekte, Mundharmonika, Gesang

Das Konzert beginnt direkt mit einem ordentlichen Tempo. Ordentlich, wie sich später herausstellen wird. Gleich fällt der besondere Stil von Mani auf. Als Nicht-Schlagzeuger kann ich es nicht benennen, wohl fällt der untypische Aufbau der Schlagzeugteile auf. Die ersten Songs sind nette Rocksongs mit Platz für die Gitarre, abgewechselt mit besonderen Bläserparts. Das Blasinstrument ist ein Nadaswaram. Diese sehr laute harthölzerne Tröte mit einem doppelten Halm kommt aus Indien und wird dort in der traditionellen Musik genutzt. Es sorgt für eine schöne orientalische Atmosphäre, in einem Song wird aus Spaß eine Spielzeugschlange vor den Nadaswaram gehalten. Nicht alle Songs erkenne ich sofort, aber es kommen auch Werke vorbei, die zuhause im Plattenschrank stehen. Neben dem Spielen der Gitarre und der Nadaswaram, singt Roland Schaeffer auch regelmäßig, sehr schön ist sein Gesang in indischem Stil, sowie bekannt von der Band Shakti und der Musik von Ravi Shankar. Ein weiteres orientalisches Augenzwinkern folgt, wenn Mani orientalisch in einem chinesischen Kostüm singt und eine musikalische Antwort der Bandmitglieder erhält. Nach einer Dreiviertelstunde macht die Band eine Pause von 20 Minuten: der 80-jährige Mani muss sich deutlich kurz regenerieren. Während des zweiten Sets geht der Spacerock schön weiter. Ich erkenne bei Weitem nicht alle Songs. Oft versuche ich nach einem Konzert eine Setliste zu ermächtigen, aber die sehe ich nicht liegen, also ist eine Rekonstruktion der gespielten Songs leider nicht möglich. Inzwischen sind die Donald Duck-Geräusche die ich vom Album Dance of the Flames kenne wohl schon ein paar Mal vorbeigekommen. Auch der Song Ooga Booga wird in einer langen Ausführung gespielt: Dies ist ein Medley-artiges Stück, dass in verschiedenen Ausführungen auf verschiedenen Alben zu hören ist. Der Höhepunkt des zweiten Sets ist ein wundervolles Percussion-Solo von Mani. Mit einer Tasche mit Schellen an einem Gürtel kommt er hinter seinem Schlagzeug hervor. Nach ein paar Verrücktheiten mit Gesang und Schellen, kippt er die Tasche auf der Bühne aus. Es fallen ein paar Aluschalen und Teller auf den Boden und Mani fängt, an darauf zu Drummen. Es ist ein prächtiges Percussion-Solo! Schau und hör hier rein. Die Atmosphäre ist gut, aber leider verabschiedet Mani sich und die Band und wird das ausgelassene Publik mit einem leeren Podium hinterlassen.

DER ELEKTROLURCH

“Volt, Watt , Ampere, Ohm, ohne mich gibt’s keinen Strom!”

Nach einer kurzen Pause kommt die Band zurück für eine Zugabe. Mani kommt mit einem wahnsinnigen Outfit mit Lämpchen auf Fühlern ans Mikrofon. Der bekannteste Song der Band “Der Elektrolurch” wird eingeleitet. Genauso wie auf dem gleichnamigen Album aus 1973 erzählt Mani, dass er in den Lüsterklemmen neben dem Hauptzähler wohnt und dass es ohne ihn kein Strom gibt. Mit einem kleinen Kästchen in der Hand produziert er psychedelische Sounds unter Begleitung der Band. Leider gibt die PA kurz den Geist auf; auch nach einer Bemerkung von Mani, dass sein Kästchen lauter gestellt werden muss. Dies trübt die Stimmung jedoch keineswegs und alle drehen durch. Die Performance ist super und es ist deutlich, dass das Publikum hierauf die ganze Zeit schon gewartet hat. Der Großteil des Publikums hätte übrigens leicht Kind oder Enkelkind von Mani sein können. Klicke hier um einen Film von Der Elektrolurch zu sehen.

Nach dem Konzert

Nach dem Konzert habe ich die vorher erbeuteten Plakate bei Manuela abgeholt und noch mit ihr, der Eventmanagerin Sam und anderen Fans gequatscht. Alle waren begeistert. Obwohl das Debüt-LP von Guru Guru schon vor meiner Nase weggeschnappt wurde, habe ich trotzdem noch kurz beim Merchandise geschaut. Ich habe noch ein Elektrolurch Poster zu Ehren von Manis 80. Geburtstag als Andenken gekauft. Mani und die anderen Bandmitglieder kamen noch dazu, um die von allen gekauften Poster, CDs, LPs und anderen schönen Sachen zu signieren. Natürlich habe ich diese Gelegenheit auch genutzt und ebenfalls noch ein Foto vom fröhlichen Mani machen können. Das Konzert war eine Reise nach Oldenburg sicher wert! Das Cadillac in Oldenburg ist eine Location mit gemütlicher Atmosphäre, wovon ich das Programm sicherlich im Blick behalten werde. Vincent, Tippgeber und gute Gesellschaft wohnt im Osten von Groningen, also die Rückreise zu seinem Haus war gut machbar.
Bleibt mit nur noch, Sam, Manuela, Vincent und natürlich Guru Guru für den fantastischen Abend zu danken!


Einmal zuhause angekommen, habe ich das Album “Der Elektrolurch” mal wieder aufgelegt. Dieses Album habe ich seit 1987 im Schrank stehen und in allen Zuständen gehört. Sehr schön, dass ich nun ein signiertes Elektrolurch Poster dazu habe. Neben diesem Album kann ich die Alben “live”, “Hinten” und “Dance of the Flames” empfehlen. Das Debütalbum “Ufo” scheint auch sehr gut zu sein… Es gibt viel von Guru Guru, aber die Originalalben aus der siebziger Jahren sind schwierig zu finden.

 

 

 

Emiel
Written by Emiel

Muziek- en audiofreak van de ongeneeslijke en besmettelijke soort. Ik draai LP's, luister radio en stream muziek maar het liefst ga ik naar concerten. Altijd weer blij wanneer ik opnamen ontdek van concerten waar ik bij was. De cd collectie is geript en opgeslagen om ruimte te maken voor de groeiende rij LP's en de uitdijende stereoset. Leve de NAS en de streamer; toch blijft vinyl draaien en radio het leukst. MUSIC IS THE BEST!

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